Hattingen

Hattingen ist eine Stadt im südlichen Teil des Ruhrgebiets. Und was verbindet man mit dem Ruhrpott? Schwerindustrie, Kohleabbau und Stahlwerke – alles außer heimelig. Städte, die im 2. Weltkrieg fast dem Erdboden gleichgemacht wurden und nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut werden mussten. Damals zählte Zweckdienlichkeit, für Schönheit oder Gemütlichkeit war weder Zeit noch Geld vorhanden.

In Hattingen steht die Henrichshütte.
Hier wurden Eisen und Stahl erzeugt und verarbeitet. Gefertigt wurde immer das, was am meisten gebraucht wurde – waren es nun Schienen, Turbinenwellen, Radsätze, Kanonenrohre oder andere Teile. Es gab Hochöfen, Kokerei, Walzwerk, Press- und Hammerwerk, Gießereien und Bearbeitungswerkstätten. Zu ihren Hochzeiten arbeiteten in der Henrichshütte 10000 Menschen.

Als die Thyssen Stahl AG 1987 die Stilllegung der Hochöfen und weiterer wichtiger Einrichtungen der Henrichshütte bekannt gab, bedeutete dies für 3000 Menschen den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Es kam zu der Protestbewegung „Hüttenkampf“, die von den Hattinger Bürgern durch alle Schichten hindurch unterstützt wurde, es gab Demonstrationen mit bis zu 30.000 Teilnehmern, ein „Dorf des Widerstands“, eine Menschenkette um das Gelände herum und einen Hungerstreik der Frauen. Auch wenn die Protestbewegung die Schließung der für die Stadt so wichtigen Hütte nicht verhindern konnte, wurde dadurch wenigstens ein besserer Sozialplan ausgehandelt.

Heute beherbergt die Henrichshütte ein Museum. Außerdem sind am Zaun um die Hütte herum noch immer Bilder jener Menschen zu sehen, die dort als letztes gearbeitet haben – eine Hommage an die Menschenkette um die Henrichshütte, aber vor allem auch an den Kampf, den die Bürger Hattingens um den Erhalt ihrer Hütte geführt hatten.

Kommt man ins Zentrum Hattingens, ist von der Industriekultur nichts mehr zu spüren. Man hat den Eindruck, in eine völlig andere Gegend gebeamt worden zu sein. Diese wunderschöne, gut erhaltene Fachwerkstadt kann doch unmöglich zum Ruhrgebiet gehören, oder doch?

Die Henrichshütte war im 2. Weltkrieg ein wichtiges Ziel der Alliierten, weshalb auch Hattingen schwere Schäden zugefügt wurden und viele Menschen sterben mussten. Nach dem Krieg ging es an den Wiederaufbau der Hattinger Altstadt – und das so originalgetreu wie möglich. Heute ist von den Spuren des Krieges kaum noch etwas zu sehen. Man muss die Häuser schon genauer betrachten, um zu erkennen, dass und wo diese damals beschädigt wurden. Auszumachen ist dies z.B. am Zustand der Holzbalken. Andere Teile der Stadt, z.B. Krämersdorf, mussten komplett neu aufgebaut werden.

Um den Kirchplatz herum befindet sich ein Ring aus Fachwerkhäusern, die ursprünglich in kirchlichem Besitz gewesen waren. Sie werden „Wachszinshäuser“ genannt, weil die Kirche damals statt Getreide oder Geld Bienenwachs als Grundsteuer verlangte, um daraus Kerzen herzustellen, die als Beleuchtung der Kirche dienen sollten.

Der Turm der Kirche wurde schief entgegen der Windrichtung gebaut. Zum einen konnte er hierdurch dem Wind besser standhalten, zum anderen würde er, sollte er irgendwann einmal brennen, nicht auf das teure Kirchenschiff, sondern auf den Platz vor der Kirche fallen.

Tatsächlich war der komplette Kirchplatz früher nur über schmale Gässchen („Röster“) erreichbar, auf denen Eisengitter lagen. Mittels dieser sollten die damals frei herumlaufenden Schweine vom Kirchplatz und dem ehemals dort gelegenen Friedhof ferngehalten werden. Heute sind an diesen Stellen keine Schrägen mit Gittern mehr, sondern Treppen.

Es gibt noch viele Geschichten zu erzählen über die Stadt Hattingen, aber das würde den Rahmen dieses Blogs doch bei Weitem sprengen! Aber vielleicht möchtet ihr ja einmal an einem der dort angebotenen historischen Stadtrundgänge teilnehmen? Es wird sicherlich sowohl informativ als auch kurzweilig und spannend!

Und Hattingen hat ja nicht nur das Industriedenkmal Henrichshütte und eine wunderschöne Altstadt zu bieten, sondern auch noch drei Burgen. Noch drei Gründe mehr, die Stadt definitiv einmal zu besuchen!

Und noch etwas soll erwähnt werden: der Verein Stadtmarketing Hattingen e.V. hat die Aktion „Nettes Hattingen“ mit Hashtag #netteshattingen ins Leben gerufen. Eine tolle Aktion, bei der z.B. an mehreren „netten Samstagen“ im Jahr Händler und Gastronomen gemeinsam Veranstaltungen organisieren oder auch kleine Aufmerksamkeiten verteilen. Man möchte gemeinsam kreativ, entspannt und aktiv sein. Hattingen möchte einfach „nur nett“ sein. Und auch andere einfach nur nette Sachen spiegeln das wider: so kann man sich z.B. einen Regenschirm leihen, wenn man beim Stadtbummel plötzlich vom Regen überrascht wird, oder bei Straßenfesten die Toiletten der Gaststätten kostenfrei benutzen, obwohl man dort gar nicht einkehrt. Einfach eine nette Stadt mit netten Einwohnern!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.

Suchen
Suche
Folgen Sie mir

Bleib auf dem Laufenden!

Du willst von meinen neuen Abenteuern so schnell wie möglich hören? Melde Dich an und bekomme ein Mal pro Woche einen Newsletter mit den neuesten Blogposts.

Ich sende keinen Spam! Erfahre mehr in meiner Datenschutzerklärung.

On Key

Related Posts

Pilion

Auch auf dem Pilion trifft man auf Touristen, trotzdem ist das Gebiet noch immer eine Art Geheimtipp. Grün ist er,

Mehr lesen »
Nach oben scrollen
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner