Kulturplateau Kastel-Staadt

Die Klause Kastel-Staadt ist wunderschön auf einem Sandsteinfelsen hoch über der Saar gelegen. Sie ist Teil des seit  1997 als Denkmalzone und Grabungsschutzgebiet ausgewiesen Kulturplateaus. Wandert man hier über die Pfade, entdeckt man nicht nur historisch interessante Bauten, sondern hat auch immer wieder absolut atemberaubende Ausblicke über das Saartal.

Geübte Wanderer mit guter Kondition können auch die komplette 9 km lange Traumschleife Kasteler Felsenpfad erlaufen bzw. teilweise fast schon erklettern – wohl eine der schönsten und anspruchsvollsten Wanderungen der Region. Uns stand aber, wie so oft, wieder einmal nur die Mittagspause zur Verfügung und Max durfte nicht auf den Ehrenfriedhof, weshalb ich mich einfach auf dem Parkplatz vor der alten Dorfkirche erholte und Susanne mit Max lediglich zur Klause und zu verschiedenen Aussichtspunkten spazierte.

Als Klause wird hier ein Bauensemble von verschiedensten Orten einer Pilgerstädte zusammengefasst. Im 12. und 13. Jahrhundert verlief ein Pilgerpfad zu dem Sandsteinfelsen. Hier in den Felsen wurden zwei Kammern gehauen, die an Golgota erinnern sollten. Anfang des 17. Jahrhunderts baute dann ein Franziskanermönch eine zweigeschossige Kapelle in den Fels und der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. ließ 1833 die seit langem verlassene Ruine zu einer Grabkapelle für König Johann von Böhmen ausbauen.

Aber was war denn eigentlich so besonders an König Johann von Böhmen oder, wie er auch genannt wurde, Johann von Luxemburg oder Johann dem Blinden, dass ihm fast 500 Jahre nach seinem Tod in der Schlacht von Crécy 1346 eine Grabkapelle gebaut wurde?

Überlieferungen zufolge stürzte sich der blinde Johann schutzlos in die Schacht, nachdem sich sein Sohn Karl IV. aus ungeklärten Umständen vom Kampf entfernte. Er hatte keine Chance und verlor sein Leben. Angeblich soll daraufhin der damals 16-jährige Prince of Wales, Edward of Woodstock oder auch der „schwarze Prinz“, mit den Worten „There lies the Prince of Chivalry, but he does not die“ („Hier liegt der Fürst der Ritterlichkeit, doch er stirbt nicht“) das Zimier, also den Helmaufsatz Johanns, an sich genommen haben. Es gibt für diese Legende keine Belege, aber bis heute findet man im Badge des Prince of Wales sowohl drei Straußenfedern, wie sie auch auf Johanns Zimier waren, als auch den deutschen Wahlspruch Johanns: „Ich Dien!“.

Der europäische Adel war von Johanns Tat absolut beeindruckt – war er doch bis zum Tode seinem Bündniseid treu geblieben und ist so als Verkörperung des europäischen Rittertums gestorben!

Aber auch nach seinem Tod machte Johann von Böhmen noch einige Reisen: sein Leichnam wurde zunächst in der luxemburgischen Benediktinerabtei Altmünster beigesetzt, nach dessen Zerstörung 1543 ins Kloster Neumünster gebracht. 1789, nach Ausbruch der französischen Revolution, versteckten die Mönche die Gebeine Johanns im Speicher einer benachbarten Bäckerei. Vier Jahre später kamen sie zur Sicherheit in einen kleinen, versteckten Raum im Speicher der Steingutfabrik Boch in Septfontaines. Als dann 1809 Jean Francois Boch in einer ehemaligen Benediktinerabtei in Mettlach eine neue Steingutfabrik errichtete, wurden die Gebeine Johanns dorthin gebracht und in einem blau lackierten Kindersarg im Werksmuseum aufbewahrt.

1833 besuchte der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm Mettlach, sah den Sarg und bat darum, dass man ihm den Leichnam überlassen möge. Nicht nur, dass Kronprinz Friedlich Wilhelm ein Nachkomme von Johann war, er war auch Romantiker und der edle Ritter beeindruckte ihn aufs Tiefste. Er ließ den berühmten preußischen Architekt Karl Friedrich Schinkel Pläne für eine Grabkapelle auf der Ruine der ursprünglichen Kapelle in Kastel-Staadt entwerfen und diese dann umsetzen. Rundbogenfenster, Säulenarkaden, Glockengiebel und ein Sarkophag aus schwarzem Marmor, dessen Deckelplatte von 4 Bronzelöwen getragen wird, – ein Sinnbild der Romantik. Noch heute werfen die Sternformen der buntverglasten Fenster ein geheimnisvolles Licht auf den dort noch immer in der sonst eher düsteren Kapelle stehenden Sarkophag. Johann ist jedoch nicht mehr dort zu finden, denn am 25. August 1946 wurde der luxemburgische Staatsheld unter militärischem Ehrengeleit in der Krypta der Kathedrale Notre-Dame der Hauptstadt Luxembourg beigesetzt.

Auf dem Kulturplateau kann man jedoch noch einiges mehr erleben und besichtigen:

Da ist z.B. der Pavillon mit Nachbildungen von Funden der ehemals dort ansässigen römischen Nachfolgesiedlung. Angegliedert ist ein 2,5 km langer archäologischer Lehrpfad.

2006/2008 wurde bei Ausgrabungen ein römisches Theater mit 34 Sitzreihen und Platz für ca. 3000 Zuschauer freigelegt, das wohl zu einem Heiligtum gehörte.

Karl-Friedrich Schinkel, der selbe Architekt, der auch die Grabkapelle entworfen hatte, erhielt vom Kronprinz Friedrich-Wilhelm den Auftrag, eine Aussichtsplattform zu gestalten. Vom Elisensitz aus sieht man jetzt ins Pinschbachtal, auf die Felsformation „Runder Turm“ bis zum Altfels. Der Legende nach war dies auch der Lieblingsplatz der Kronprinzessin Elisabeth von Bayern, der Gemahlin von Friedrich-Wilhelm.

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